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Rede
gehalten von Hans Haider zur Neueröffnung
des Denkmals der Namen, Oktober 2008.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen
und Freunde!
Guten Abend.
Špoštovane gospe in gospodje,
drage prijatelice in dragi prijateli! Dober večer.
Dieses Denkmal der Namen, vor dem wir heute stehen und das 1999
mit 64 Namen eröffnet wurde, hat viele Väter und Mütter.
Als wir im Jahre 1994 das erste mal mit dem Ansinnen einer öffentlichen
namentlichen Erwähnung der Opfer der nationalsozialistischen
Gewalt, an die Villacher Öffentlichkeit getreten sind, gab
es viele Bedenken und Widerstände. Auch wir selbst waren sehr
unsicher. Es gab damals noch keine gewissenhafte Namensforschung.
Aber eines war uns – auf Grund der Reaktionen der Öffentlichkeit
- klar: Ohne eine öffentliche Diskussion, mit dem Ziel mehr
Verständnis für dieses Thema in der Bevölkerung
zu erwecken und auch mit dem Ziel selbst dabei zu lernen, ist dieses
Projekt nicht umsetzbar. Wir organisierten eine Reihe verschiedener
Veranstaltungen zu diesem Thema, wobei es uns auch gelungen ist
eine öffentliche Resonanz hervorzurufen. Die entscheidende
Veranstaltung, die einen Meinungsumschwung herbeiführte, fand
im Mai 1996 statt. Die damalige 6. D Klasse des Peraugymnasiums
hat mir ihrem Kunsterzieher Prof. Gernot Gurker ein provisorisches
Denkmal der Namen gebaut, das mitten auf dem Villacher Hauptplatz
rund um die Dreifaltigkeitssäule installiert wurde. Ein gewagtes
Projekt, das ohne Unterstützung des damaligen Direktors Othmar
Griesser undenkbar gewesen wäre. Eröffnet wurde das Denkmal
vom damaligen Landeshauptmann Christoph Zernatto, es gab Grußworte
von Bürgermeister Helmut Manzenreiter und Universitätsprofessor
Dr. Peter Gstettner hielt die Ansprache. Ein großes mediales
Echo war die Folge. Außerdem kam es zu vielen Gesprächen
mit Passanten, die für uns sehr lehrreich waren.
Ohne dieses provisorische Denkmal am Villacher Hauptplatz gäbe
es das »Denkmal der Namen« nicht. In diesem Sinne kann
man die 6. D Klasse, Professor Gernot Gurker und Direktor Othmar
Griesser vom Peraugymnasium als Mütter und Väter des »Denkmals
der Namen« bezeichnen. Noch im selben Jahr hatten wir ein
Gespräch mit der damaligen Kulturstadträtin Frau Monika
Kircher Kohl, bei welchem sie uns ihre Unterstützung für
die Realisierung des »Denkmals der Namen« zusicherte.
Ich zitiere aus meiner Erinnerung: „Macht einen Vorschlag
wie das Denkmal ausschauen soll. Ich werde das unterstützen
und ich werde mich auch bemühen einen geeigneten Platz dafür
ausfindig zu machen.“
Es ist auf der Fürsprache und Initiative von Frau Mag. Monika
Kircher Kohl zurückzuführen, dass das »Denkmal
der« Namen heute auf diesem Platz steht. Wir meinen es ist
ein würdiger Platz. In diesem Sinne ist Frau Mag. Monika Kircher
Kohl eine Mutter des »Denkmals der Namen«.
Heute stehen wir vor einem neuen Denkmal. Die Initiative dazu
ist von Herrn Bürgermeister Helmut Manzenreiter und Herrn
Stadtrat Richard Pfeiler ausgegangen. Es ging um die Frage geeignete
Maßnahmen gegen die Zerstörungen des Denkmals zu ergreifen.
Es stand auch ein völlig neues Denkmal zur Diskussion. Also
Neuausschreibung und Künstlerwettbewerb. Nach einem längeren
Diskussionsprozess des Vereins Erinnern auch mit Menschen außerhalb
unseres Vereins,
vor allem mit der Villacher Kulturinitiative kärnöl
haben wir uns aber entschieden das ursprünglichen Konzept
beizubehalten.
Um der Erweiterung von 115 Namen gerecht zu werden, wurde der
Platz vergrößert und dem Anlass entsprechend mit Granit
gepflastert. Die Größe des Platzes gestattet auch eine
weitere Erweiterung. Alle Glastafeln wurden erneuert und durch
splitterfreies Glas ersetzt und die Stahlkonstruktion ist so beschaffen,
dass eine beschädigte Glastafel sofort problemlos ausgetauscht
werden kann. Damit reagieren wir auf mögliche zukünftige
Zerstörungen. Dieses Konzept haben wir dem Herrn Bürgermeister
Helmut Manzenreiter und dem zuständigen Stadtrat Herrn Richard
Pfeiler präsentiert, die damit einverstanden waren und uns
ihre Unterstützung zusicherten und die Baumaßnahmen
einleiteten.
Mit Fug und Recht kann man sagen : Die beiden „jüngsten“ Väter
des »Denkmals der Namen« sind der Herr Bürgermeister
Helmut Manzenreiter und der Herr Stadtrat Richard Pfeiler.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde!
Wir sind der Überzeugung, dass allein durch technische Maßnahmen
ein Denkmal nicht zu schützen ist. Jedes Denkmal kann beschädigt
werden. Natürlich könnte man es mit einem Stahlgerüst
vergittern. Aber das wollen wir nicht, weil so ein vergittertes
Denkmal würde der Stadt Villach nicht zur Ehre gereichen.
Und das ist auch nicht notwendig, denn dieses Denkmal erfreut sich
inzwischen einer großen und zunehmenden Akzeptanz.
Wirklich schützen können wir das Denkmal nur, wenn wir
uns alle bemühen es zu verstehen, zu erklären und den
Menschen nahe bringen. In diesem Sinne bitte ich vor allem die
Villacher Lehrerinnen und Lehrer, von der Volksschule bis zu den
höheren Schulen, sich dahingehend zu engagieren. Ich stehe
dafür immer zur Verfügung.
Dieses Denkmal ist im hohen Maße ein Denkmal der Schrift.
Es ist nicht nur der Name, sondern auch das Geburtsjahr, das Todesjahr
und der Todesort eingraviert. Lesen und vergleichen wir das Geburtsjahr
mit dem Todesjahr, dann erkennen wir, dass viele Kinder ja sogar
Säuglinge von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Es
handelt sich in der Mehrzahl um Villacher Sinti.
Beim Betrachten der Todesorte wird eine Topographie des nationalsozialistischen
Terrors sichtbar. Wir lesen KZ Dachau, KZ Ravensbrück, aber
auch Ghetto von Lodz, NS Tötungsanstalt Hartheim, NS Hinrichtungsstätte
Landesgericht Graz oder Vernichtungslager Treblinka, wo Leopold
Blau, der ein kleines Geschäft in der Weißbriachgasse
besaß, mit Dieselabgasen erstickt wurde, weil er ein Jude
war. Das erinnert uns an den Villacher Schriftsteller Werner Kofler
und an sein Theaterstück „Cafe Treblinka“. Werner
Kofler hat zu mir einmal gesagt: „Weißt du, bei mir
fangen die Geschichten in Villach an und sie enden oft in Lublin
und in Treblinka“. Es waren die beiden Kärntner Odilo
Globočnik und sein Adjudant, der Klagenfurter Kaffehausbesitzer
Ernst Lerch, die damals mit vielen anderen Kärntnern in Lublin
waren und unter deren Leitung der Massenmord an den europäischen
Juden in den polnischen Vernichtungslagern Belzek, Sobibor und
Treblinka organisiert und durchgeführt wurde. Auch viele Villacher
Sinti wurden damals, wie wir heute wissen, in diesen Lagern ermordet.
Dieses Kapitel unserer Geschichte, - in der historischen Literatur
als „Aktion Reinhard“ bezeichnet – wird in den österreichischen
Schulen kaum bis überhaupt nicht vermittelt.
So erzählt uns dieses »Denkmal der Namen« viele
Geschichten, wenn wir davor verweilen und die Inschriften betrachten.
Lesen wir diese Geschichten, erzählen wir diese Geschichten
und hören wir ihnen zu, als Ausdruck einer würdevollen
und gelebten Erinnerungskultur unserer Stadt.
Danke – hvala lepa
Rede von Hans Haider gehalten am 25. Oktober 2008 anlässlich
der Neueröffnung des Denkmals der Namen.
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