ZEITDOKUMENTE
Zeitungsartikel zur Freilassung Karl
Malles
Karl Malle war verantwortlich für die Deportation der Kärnter
Roma und Sinti. Am 22. September 1947 wurde von der KPÖ-Kärnten
eine Anzeige gegen ihn bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt eingebracht.
Abschrift eines Zeitungsartikels aus dem Bestand
der Alfred Klahr Gesellschaft
Der folgende Artikel erschien am 22. April 1948 im Volkswille (Klagenfurt)
/ Abschrift gemacht von Hans Haider
Kriegsverbrecher Malle schon wieder Leiter der Kriminalpolizei
Wie bereits bekannt, erstattete die Landesleitung der KPÖ
Ende September 1947 gegen den Leiter der Klagenfurter Kriminalpolizei,
Karl Malle, die Anzeige
nach §§ 3 und 5 des Kriegsverbrechergesetzes, da Malle,
wie allgemein bekannt, während der Nazizeit jahrelang Leiter
der Abteilung für "Vorbeugungshaft"
(KZ-Verschickung) war. Auch die sogenannte Zigeuneraktion im Jahre
1941 wurde von Malle geleitet. Dieser "Aktion" sind fast
alle in Kärnten ansässigen Zigeuner zum Opfer gefallen,
ja selbst Kinder blieben nicht verschont. Alle wurden verhaftet
und in das KZ-Lackenbach an der burgenländisch-ungarischen
Grenze gebracht, wo sie in der bekannt bestialischen Weise ermordet
wurden. Außerdem steht fest, daß Malle auch an der Einlieferung
von Antifaschisten in das KZ direkt schuldtragend war.
Malle wurde damals unter dem Druck der öffenlichen Meinung
- allerdings widerwillig und zögernd - vom Dienst enthoben
und eine Untersuchung durch die Staatsgewalt eingeleitet. Vor kurzem
wurde jedoch das Verfahren niedergeschlagen und Malle über
Anordnung des Innenministeriums wieder auf seinen alten Posten eigestellt.
Es ist offensichtlich, daß der von der Landesleitung der
KPÖ bezeichnete Zeugenkreis von der Staatsanwaltschaft überhaupt
nicht einvernommen wurde! Als Beweis dafür sei nur eine abschriftlich
in unserer Hand befindliche Aussage eines Klagenfurters Postbeamten,
der am 8. Juni 1943 durch Malle wegen angeblicher kommunistischer
Betätigung verhaftet und in das KZ-Dachau eingeliefert wurde,
von wo er erst 1945 mit schweren Gesundheitsschäden wieder
zurückkehrte.
Diese Aussage wurde, wie das Landesgerichtspräsidium zugibt,
gar nicht im Zusammenhang mit der Untersuchung gegen Malle behandelt.
Verfahren gegen zwei weitere Klagenfurter Gestaposchergen eingestellt
Dieser Fall paßt zum Helmer-Graf-Kurs in Österreich.
Man schont die Verbrecher, die man bei der weiteren Verfolgung des
arbeiterfeindlichen Weges noch einmal gut gebrauchen zu können
glaubt.
Es ist daher auch nicht weiter verwunderlich, wenn heute ausgesprochene
Verbrecher vollkommen ungeschoren bleiben. Die Herren kümmerten
sich nicht um die Empörung in der Bevölkerung, als sie
den berüchtigten Gestaposchergen Sellak, durch dessen Tätigkeit
Hunderte in die KZs und Gefängnisse wanderten oder hingerichtet
wurden, auf freien Fuß setzten. Nun wurde auch der gefürchtete
Gestapobluthund Mohrherr auf freiem Fuß gesehen.
Auf Grund einer diesbezüglichen Rückfrage beim Landesgerichtspräsidium
wurde uns mitgeteilt, daß das Verfahren gegen Mohrherr am
2. März 1948 eingestellt wurde.
Sollen diese Freilassungen schon anzeigen, wie die zu erwartende
Naziamnestie aussehen soll?
Fast täglich müssen vor dem Volksgerichtshof Kärntner
aufmaschieren, meist einfache Arbeiter oder Bauern, die sich in
den Notjahren 1934 verleiten ließen, zu den illegalen Nazis
zu gehen und in die Ereignisse des Juli 1934 hineinschlitterten.
Damals verurteilt, dann amnestiert, werden sie jetzt wahllos wieder
verurteilt, gleichgültig, ob sie nicht in den Jahren seither
innerlich, manchmal auch ganz offen, mit dem Nazismus gebrochen
haben. Wir verteidigen keinen Juliputschisten, aber wenn derjenige,
der 1934 als 18- oder 20-jähriger eine Dummheit beging, heute
als reifer Mann für diese Dummheit mit einer Kerkerstrafe büßen
soll, dann ist der Skandal nur umso größer, wenn berufsmäßige
Menschenschinder vom Schlage der Gestapobestien Sellak oder Mohrherr
freigelassen, ein Malle sogar wieder Leiter der Klagenfurter Kriminalpolizei
wird!
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